Freitag, 18. Dezember 2009

Winter


Ich hasse den Winter. Seid gestern hat es hier geschneit. Als ich gestern zur Mülltonne war, war der Weg weiß, naß und glatt. Heute morgen war meine Stimmung unter dem Nullpunkt. Mein Magen krampfte und ich spürte eine gewisse Angst im ganzen Körper. Was war los?


Den ganzen Tag habe ich nachgedacht, versucht, mich zu erinnern. Was machen Schnee und Winter mit mir? Ich habe 40 Jahre in einem Land gelebt, wo der Winter bis zu einem halben Jahr lang ist.


Ich bin alle meine Fotos durchgegangen und habe nach Winterbildern gesucht. Von über 3000 Bildern habe ich 22 Winterbilder gefunden. Das sagt Einiges. Es gibt ein Bild von meiner Kindheit im Winter, ich baue einen Schneemann, ich erinnere mich - es war naß und kallt. Daß es ansonsten keine mehr Winterbilder giebt, kann ja daran liegen daß es in Kiel nicht so viel geschneit hat.


Aber 40 Jahre im Winterland und so wenig Winterbilder? Erinnerungen: ich mußte Ski fahren lernen. Die Jungs haben natürlich sehr früh Skier bekommen, und bald sollte die ganze Familie in die Winterlandschft, Mutter sollte Ski fahren lernen. Ich konnte nie begreifen, warum man so lange Bretter unter den Füßen haben sollte und außerdem damit gehen sollte. Aber- was macht man, wenn es Winter ist und alle wollen Ski fahren? Ich habe es von Anfang an nicht gemocht, aber machte mit. Freude? Nein.


Eine andere Erinnerung: mit dem Auto schleudern im Winter. Wie oft war ich nicht ins Schleudern gekommen im Winter, es ist immer gut gegangen, aber für jeden Winter stieg die Spannung in meinem Körper, wenn ich Auto fahren mußte, und das mußte ich. Auch keine Freude.


Erinnerungen von Nordschweden: sehr viel Schnee, verheiratet mit einem Mann, der dort augewachsen war und den Winter liebte. Ich lernte Skooter fahren, man durfte ja nicht nur im Haus sein. Eskil fuhr wie ein Wilder vor und ich mit Todesveracht hinterher, setzte mich fest im tiefen Schnee, kam nicht allein los, wartete eine Ewigkeit - mindestens eine Viertelstunde - wurde ordentlich naß und frohr. Dann kam er zurück: wo bleibst du denn? Der Schnee lag oft bis Ende Mai. Ganz einfach zuviel!


Erinnerungen von Stockholm: es schneit, es taut, es friert. Auf die Straße zu gehen war gefährlich. Nachdem ich mir einmal das Handgelenk gebrochen habe, hat meine Angst, wieder zu fallen, jeden Winter zugenommen. Es war wie beim Skifahren: ich weiß, daß ich dieKnie leicht beugen soll und den Oberkörper leicht nach vorne beugen soll. Im gleichen Augenblick, wo ich das denke, federt mein Körper nach hinten, und ich sitze.


Ich glaube, daß ich mich damit abfinden kann, daß ich kein Wintermensch bin. Aber ich muß diese unbestimmte Angst in mir überwinden. Diese schließt mich sonst ein. In Stockholm bin ich im Winter nur rausgegangen, wenn ich unbedingt mußte. Heute mußte ich lange mit mit kämpfen, bevor ich ich anzog und zum Einkaufen ging. Ich hasse diese Unsicherheit in meinem Körper, sobald ich mich auf Schnee bewege.

Ein Bild von heute, alles weiß, man ahnt nur wo der Weg ist. Ich bin froh, daß andere vor mir hier waren, so daß in den Fußstapfen anderer meinen Weg fand. Ein Vergnügen, einen Winterspaziergang zu machen?

Noch nicht! Aber ich werde daran arbeiten. Auch wenn es vielleicht in den kommenden Jahren hier nicht mehr schneit, will ich mir meine ansonsten so gute Stimmung nicht vom Schnee verderben lassen. Ich glaube schon, daß es gut war, mir diese Gedanken über meine Wintererfahrungen zu machen. Ok, viele nicht so positive Erinnerungen, aber das ist gewesen!

Jetzt bin ich wieder in Kiel und brauche keine Angst zu haben. Ich brauche auch den Winter nicht mehr zu lieben, ich muß nur damit fertig werden.

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